Samstag, 9. September 2017

Bericht über die Verhandlung unserer Petition für den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier vor giftigen Substanzen und Pestiziden



Am 7.12.2015 reichten wir die „Petition für den Schutz von Mensch und Tier vor giftigen Substanzen und Pestiziden“ persönlich in Brüssel ein.

Unterstützung bekamen wir von „Antidote Europe“, der Partei „MUT – Mensch, Umwelt, Tierschutz“ und dem Verein „Tierversuchsgegner BRD e.V.“

Seitdem sind inzwischen 21 Monate vergangen.

Bis heute haben fast 6500 Personen unsere Petition unterzeichnet oder uns in irgendeiner Weise unterstützt.

Dafür sind wir sehr dankbar.

Am 7.9.2017 war es endlich soweit. Unsere Petition sollte nachmittags auf die Agenda des Petitionsausschusses.
Unser fünfminütiges Rederecht übertrugen wir auf Dr. Andre Menache, Direktor von „Antidote Europe“.
Dieser reiste extra aus Paris an.

Ebenfalls unterstützend anwesend, waren Sandra Lück und Reiner Bent, als Vertreter der Partei MUT-Mensch,Umwelt,Tierschutz.

Gisela Urban und Gabriele Menzel vertraten als Hauptpetenten den Verein Tierfreunde ohne Grenzen e.V.

Frau Urban vertrat ebenfalls die „Tierversuchsgegner BRD e.V.“.


Einige der Petitionen, die vor uns dem Auschuss vorgetragen wurden, beschäftigten sich mit Gesundheitsproblemen, die durch Haushaltschemikalien im öffentlichen Binnenmarkt verursacht werden.
Dabei ging es um sog. PVC-Weichmacher (Phtalate, Bisphenol A (BPA), Luft-erfrischer, Qittungspaier und Kinderspielzeug, die Schwermetalle und andere potentiell schädliche Chemikalien enthalten.

Besonders skandalös fanden wir das Kinderspielzeug Schwermetalle wie Cadmium und Blei enthält, sowie Stallate (Weichmacher) und ebenfalls Bisphenol A. Davon wirken einige Stoffe als Endokrine Disruptoren, das heisst, sie haben eine hormonelle Wirkung.

Laut eines Berichtes des Bundesumweltamtes diesen Jahres, ist die Wirkung von Bisphenol A folgende:

Zunahme hormonabhängiger Erkrankungen und Abnahme der Fertilität

Durch ihre Fähigkeit hormonelle Vorgänge zu beeinflussen, werden ED als eine mögliche Ursache für das vermehrte Auftreten von hormonabhängigen Tumoren (Prostata-, Hoden- und Brustkrebs), von Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Adipositas) sowie von Verhaltensauffälligkeiten (Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts-)-Syndrom (AD(H)S)) und neurologischen Erkrankungen (Alzheimer, Demenz) diskutiert. Des Weiteren scheinen sie ein früheres Einsetzen der Pubertätsentwicklung, das Auftreten von Fehlbildungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane sowie eine abnehmende Fertilität durch eine sinkende Spermienqualität zu begünstigen.

http://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/chemische-stoffe/umwelthormone#textpart-2


Wie die Kommission ausführte, ist die Europäische Spielzeugrichtlinie die Beste der Welt. Die Grenzwerte von Bisphenol A seien immer wieder gesenkt worden, aber ein Verbot von Bisphenol A stehe nicht zur Debatte.

In seinem Redebeitrag griff Dr. Menache das Thema Bisphenol A sofort auf und wies darauf hin, dass es bei Endokrinen Disruptoren keinesfalls auf die Dosis ankomme.

Auch kleinste Mengen können unkontrollierbare Veränderungen im Körper, gerade bei heranwachsenden Menschen, hervorrufen.


O-Ton Dr. Andre Menache.

"Wir haben Informationen über Bisphenol A (BPA) erhalten. Die Hersteller von BPA brachten das Produkt nur erfolgreich auf den Markt, weil sie für die durchgeführten Tierversuche die Tiere wählten, die das Produkt am besten vertrugen. Im Falle von BPA ist die Sprague- Dawley-Ratte mehrere tausendmal widerstandsfähiger gegen die hormonellen Auswirkungen dieses Endokrinen Disruptors als die CF1-Maus.
Natürlich hat die Industrie für ihre Versuche lieber die Ratte als die Maus gewählt, um BPA durch die zuständigen Aufsichtsbehörden genehmigen zu lassen. BPA hat schon in geringsten Mengen biologische Auswirkungen in unseren Zellen (einige Billionstel sind ausreichend). Anhand einer Ratte kann nicht vorausgesagt werden, was mit einer Maus passiert, geschweige denn mit einem Menschen.

Wir halten immer noch an Vorschriften fest, die in 1946 oder 1947 eingeführt wurden. Diese Gesetze sind nun, 70 Jahre später, im Hinblick auf die inzwischen gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse lange überholt. Es ist höchste Zeit, die Gesetze den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Es existiert ein beträchtlicher Mangel an menschlichen Daten-Erhebungen. Seit 2003 wissen wir von 300 industriellen Chemikalien in den Körpern von Neugeborenen.

Momentan weist die REACH-Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe 174 Stück aus. Es wäre weit sinnvoller gewesen, die REACH-Liste zu Beginn des REACH-Programmes im Juni 2007 anhand der 300 bereits in den Körpern von Neugeborenen gefundenen Stoffe zu erstellen und zu veröffentlichen.

Wir alle sollten zutiefst schockiert sein darüber, dass Krebs heutzutage in vielen Ländern Europas bei Kindern unter 14 Jahren die am häufigsten vorkommende Todesursache ist. Das Fehlen von epidemiologischen Datenerhebungen von Menschen, die Chemikalien ausgesetzt waren, insbesondere von Millionen von Arbeitern in diversen industriellen Betrieben, stellt eine riesige Verschwendung von wertvollen Daten dar. Manch einer wird dies auf bürokratische Inkompetenz zurückführen, andere nennen es kriminelle Fahrlässigkeit.

Ich selbst stimme Letzteren zu, wenn ich mein Augenmerk auf die Epidemiologie in den 50er und 60er Jahren richte, die den Zusammenhang zwischen Rauchen und der Erkrankung an Lungenkrebs nachwies. Trotzdem fokussieren sich die Verantwortlichen auch heute noch in erster Linie auf Tierversuche, dies zum Nachteil von weit verfügbaren menschlichen Daten-Erhebungen.
Die Europäische Kommission hat sich - wie im Dezember 2016 verkündet - nun endlich entschlossen, im Rahmen des Horizon 2020-Programmes ein Biomonitoring-Projekt anzustoßen (Anm. Übers. " Biomonitoring ist die Untersuchung biologischen Materials der Beschäftigten zur Bestimmung von Gefahrstoffen, deren Metaboliten oder deren biochemischen beziehungsweise biologischen Effektparametern.). Das REACH-Programm - wie es jetzt steht - funktioniert nicht.

Es muss der Wissenschaft des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Wir haben verschiedene wirkungsvolle Technologien, wie z. B. molekulare Epidemiologie, physiologisch basierte pharmakokinetische (PBPK) Modellierung der Disposition von epiroprim beim Menschen, Toxikogenomik, Adverse Outcome Pathways (AOP), und eine Auswahl anderer Methoden, die sich ausschließlich auf den Menschen fokussieren.
Leider fehlt es an politischen Willen für eine Veränderung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Nach dem Statement von Dr. Andre Menache, kam eine Vertreterin der Europäischen Kommission zu Wort.

In ihren Ausführungen gab sie zu, das die Auswertung von an Tieren gewonnener Daten fraglich und unzureichend sei.
Im Übrigen sehe die REACH Verordnung vor, dass Tierversuche das letzte Mittel der Wahl seien und verboten, wenn es tierversuchsfreie Alternativen gibt.
Dadurch seien ja auch bisher im REACH Programm viel weniger Tiere eingesetzt worden, als zunächst befürchtet, aber es seien dadurch auch viel weniger Daten gesammelt worden. Im Bereich der Augen-und Hautreizungstests habe man große Fortschritte gemacht und inzwischen stünden über 20 andere Methoden zur Verfügung. Aber gerade die ganz schweren toxikologischen Prüfungen (Kurzzeit-und Langzeittoxikologie) könnten nicht ganz ohne Tierversuche durchgeführt werden. Im Übrigen gäbe es in der EU keine gemeinsamen Standards bzgl. der Validierung von Alternativmethoden, an denen man sich orientieren könne. Daran würde gearbeitet, man erwarte schon 2018 die ersten Ergebnisse.

Eigene Anmerkung: Zunächst gingen die Schätzungen dahin, das für REACH etwa 50 Millionen Tiere geopfert werden. Heute heißt es, es seien viel weniger Tiere verbraucht worden.
Was heißt viel weniger? Eine Million oder 10 Millionen weniger?
Warum nennt man keine Zahlen?


Das Leid der Tiere in den Versuchen, wird überhaupt niemals erwähnt. Alles wird in beschönigende Worte gekleidet.

Nach unserer Verhandlung hatte ich noch die Gelegenheit, mit der durchaus sympathischen EU Vertreterin, auf dem Flur zu sprechen und ihr zu sagen was diese Kurz- und Langzeittoxikologischen Versuche für Tiere bedeuten und das es höchst unmoralisch und unethisch ist, ein Tier durch eine einmalige Giftverabreichung oder langsam über viele Monate zu Tode zu quälen. Diese Praxis ist selbst dann nicht zu akzeptieren wenn sie für Menschen einen Nutzen hätte, was aber selbst Toxikologen bestreiten.

Im Übrigen wird dadurch gegen die „Richtlinie 2010/63 EU zum Schutz der Tiere bei wissenschaftlichen Versuchen“ verstoßen, die besagt, dass schmerzhafte Tierversuche (Belastungsgrad 3) nur unter Betäubung stattfinden dürfen oder ansonsten verboten sind.

Nach dem Statement der Vertreterin der Kommission meldete sich die Abgeordnete Frau Envi zu Wort.

Sie nahm darauf Bezug, dass die Kommission immer wieder beteuert, auf lange Sicht Tierversuche abschaffen zu wollen, dass sie sich aber selbst Lügen straft, wenn sie Jahr um Jahr die Haushaltsmittel für die Erforschung von Alternativen kürzt.

Sie bemerkte auch, dass der „Tierversuch“ niemals validiert wurde“, das heißt, auf seine Wirksamkeit untersucht. Und mit dieser nicht überprüften Methode würden Arzneimittel und chemische Produkte entwickelt und auf den Markt kommen.

Sie unterstütze ausdrücklich unsere Petition. Sie führte an, das wir nicht das erste Mal vor dem Petitionsausschuss stünden und auch Andere ähnliche Petitionen eingereicht hätten und das diese immer wieder geschlossen werden und immer mit dem gleichen Text, in dem man auf das Ergebnis der Verhandlung der Bürgerinitiative „Stop Vivisection“ verweist, nach dem „Copy und Past- System, anstatt sich mit den Petenten und ihren immer neuen Argumenten auseinanderzusetzen.

Sie beantragte die Petition offen zu halten, den Umweltausschuss mit einzubeziehen und uns wieder einzuladen.

Frau Wikström bedankte sich und räumte uns Petenten ein, noch zwei Minuten zu sprechen.


Gisela Urban beantragte, die Petition offenzuhalten und in unserem Sinne positiv zu entscheiden. Anderenfalls erwarten wir darüber einen schriftlichen Bescheid, weil wir sonst eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen würden“.

Frau Wikström fragte zweimal nach, ob sie richtig verstanden hätte, das man gegen einen negativen Beschluss ihrerseits, vor dem Europäischen Gerichtshof klagen wolle, was Frau Urban bestätigte, da es schließlich um unsere Gesundheit ginge.

Sie war war sichtlich konsterniert. So etwas hätte sie noch niemals gehört, dass jemand den Petitionsausschuss vor Gericht bringen wolle. Zudem hätte sie ja noch gar nichts beschieden.

Unsere Petition wird weiter offengehalten und an den Umweltausschuss weitergeleitet. Zudem signalisierte sie weitere Gesprächsbereitschaft und verkündete das wir in einem halben Jahr wieder nach Brüssel eingeladen würden.

Nach unseren bisherigen Erfahrungen waren wir mit dem Ausgang der Verhandlung sehr zufrieden.

Wir werden uns aber nicht ausruhen, sondern weiter aufklären, Politiker anschreiben und Unterschriften sammeln.Kurz wir bleiben am Ball.

Wer sich die Verhandlung anschauen möchte, kann das unter diesem Link:

http://web.ep.streamovations.be/index.php/event/stream/170907-1500-committee-peti


Den unteren Balken dazu etwa „60 Minuten“ nach rechts ziehen und die Sprache einstellen.,





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