Dienstag, 21. April 2015

Der Hund als Tiermodell für Pestizide


VERORDNUNG (EG) Nr. 440/2008 DER KOMMISSION
vom 30. Mai 2008
zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer
Stoffe (REACH)

Lexikon des Grauens:

B.1 bis. AKUTE ORALE TOXIZITÄT — FEST-DOSIS-METHODE
Akute orale Toxizität: Schädliche Wirkungen, die nach der oralen Verabreichung einer Einzeldosis oder mehrerer innerhalb von 24 Stunden verabreichter Dosen einer Substanz auftreten.

Verzögerter Tod: Das betreffende Tier stirbt zwar nicht binnen 48 Stunden und wirkt in diesem Zeitraum nicht moribund; der Tod tritt jedoch später während des 14-tägigen Beobachtungszeitraums ein.

Dosis: Verabreichte Menge der Testsubstanz; die Dosis wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit des Versuchstiers ausgedrückt (z. B. mg/kg).

Evidente Toxizität: Ein allgemeiner Begriff, der deutliche Anzeichen von Toxizität nach der Verabreichung einer Testsubstanz dahin gehend beschreibt, dass bei der nächsthöheren festen Dosis entweder starke Schmerzen und anhaltende Anzeichen für schweres Leiden, ein moribunder Zustand (Kriterien siehe Humane Endpoints Guidance Document (8)) oder wahrscheinlich der Tod der meisten Versuchstiere zu erwarten sind

Bevorstehender Tod: Der moribunde Zustand oder Tod ist vor dem nächsten vorgesehenen Beobachtungszeitpunkt zu erwarten. Anzeichen für diesen Zustand können bei Nagetieren Krämpfe, Seitenlage, liegende
Stellung und Tremor sein (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8)).

LD50 (mittlere Letaldosis): Statistisch ermittelte Einzeldosis einer Substanz, bei der davon ausgegangen werden kann, dass sie bei oraler Verabreichung den Tod von 50 % der Tiere verursacht; der LD50-Wert wird als Gewicht der Testsubstanz pro Gewichtseinheit der Versuchstiere ausgedrückt (mg/kg).

Limit-Dosis: Dosis am oberen Grenzwert für den betreffenden Versuch (2 000 oder 5 000 mg/kg)

Moribunder Zustand: Zustand des Sterbens oder des Unvermögens, (selbst bei Behandlung) zu überleben (siehe
Humane Endpoint Guidance Document (8))

Voraussagbarer Tod: Vorhandensein klinischer Zeichen, die auf den Eintritt des Todes zu einem bekannten Zeitpunkt in der Zukunft — vor dem planmäßigen Ende des Experiments — hinweisen, z. B. das Unvermögen, Wasser oder Nahrung aufzunehmen (siehe Humane Endpoint Guidance Document (8))


B.27. PRÜFUNG AUF SUBCHRONISCHE ORALE TOXIZITÄT — 90-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE BEI
WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NICHT-NAGETIEREN
1. METHODE

Auszüge:
1.3. PRINZIP DER METHODE
Die Prüfsubstanz wird täglich über einen Zeitraum von 90 Tagen in abgestuften Dosen an mehrere Gruppen von Versuchstieren verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe, Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätsanzeichen beobachtet. Während der Prüfung verendete oder getötete Tiere werden seziert. Am Ende der Prüfung werden alle noch lebenden Tiere getötet und ebenfalls seziert.

1.4. BESCHREIBUNG DER METHODE
1.4.1. Auswahl von Versuchstierarten
Die am häufigsten verwendete Nicht-Nagetierart ist der Hund, der einer bestimmten Rasse angehören sollte.Häufig wird der Beagle verwendet. Ferner können Tierarten wie Schwein oder Minischwein verwendet werden.Primaten werden nicht empfohlen, und ihre Verwendung ist zu begründen. Es sollten junge und gesunde Tiere verwendet werden. Bei Hunden sollte mit der Dosierung vorzugsweise im Alter von vier bis sechs Monaten,jedoch nicht später als neun Monaten begonnen werden. Wird die Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität durchgeführt, sollten in beiden Studien dieselbe Art/Rasse verwendet werden.

1.4.2. Vorbereitung der Tiere
Zu verwenden sind gesunde Jungtiere, die an die Laborbedingungen gewöhnt und bisher nicht für Tierversuche verwendet wurden. Die Dauer der Gewöhnung hängt von der für die Prüfung gewählten Art und der Herkunft der Tiere ab. Empfohlen werden mindestens fünf Tage für Hunde oder für speziell zu diesem Zweck gezüchtete Schweine aus einer internen Kolonie und mindestens zwei Wochen für Tiere externer Herkunft. Von den Versuchstieren sollten Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter festgestellt werden. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier sollte zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer erhalten.

1.4.3. Zubereitung der Dosen
Die Prüfsubstanz wird mit dem Futter oder im Trinkwasser über eine Magensonde oder in Kapseln verabreicht.
Die Methode der oralen Verabreichung hängt von dem Zweck der Studie und den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Prüfmaterials ab.
Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Medium gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Medien in Betracht zu ziehen. Bei anderen Medien als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz unter den Verabreichungsbedingungen ist festzustellen.

1.5. VERSUCHSDURCHFÜHRUNG
1.5.1. Zahl und Geschlecht der Versuchstiere
Für jede Dosisstufe sind mindestens acht Tiere (vier weibliche und vier männliche) zu verwenden. Sollten im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die bereits vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Die Zahl der Tiere bei Beendigung der Studie muss für eine sinnvolle Bewertung der toxischen Wirkungen angemessen sein. Aufgrund bereits bekannter Wirkungen der Substanz oder eines eng verwandten Analogons sollte darüber hinaus für die Kontrollgruppe und die Gruppe mit der höchsten Dosis die Aufnahme einer Satellitengruppe von acht Tieren (vier jeden Geschlechts) zwecks Behandlung und anschließender Beobachtung der Reversibilität oder Persistenz etwaiger toxischer Wirkungen erwogen werden. Die Dauer dieses Zeitraums nach der Behandlung sollte den beobachteten Wirkungen angemessen sein.

1.5.4. Verabreichung der Dosen
Die Versuchstiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen der Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage je Woche, ist zu begründen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier mit einer Gabe verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Generell sollte das Volumen möglichst gering sein. Außer für Reizungen auslösende oder ätzende Stoffe, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine Verschlimmerung bewirken, sollte die Variabilität des Prüfvolumens durch Anpassung der Konzentration möglichst gering gehalten werden, um ein konstantes Volumen bei allen Dosen zu gewährleisten.
Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, können entweder eine konstante Futterkonzentration (ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht verwendet werden. Jede angewandte Alternative ist zu spezifizieren. Eine mit einer Magensonde oder in Kapseln verabreichte Substanz sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten bleibt. Wird eine 90-Tage-Studie als Vorstudie für eine Langzeitstudie über chronische Toxizität verwendet, sollte in beiden Studien die gleiche Nahrung verabreicht werden.

1.5.5. Beobachtungen
Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 90 Tage betragen. Tiere einer Satellitengruppe, die für Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für einen angemessenen Zeitraum ohne Behandlung
bleiben, um festzustellen, ob die toxischen Wirkungen fortbestehen oder sich als reversibel erweisen. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen werden. Der klinische Zustand der Tiere ist zu dokumentieren. Alle Tiere sind mindestens zweimal täglich, in der Regel morgens und abends, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen.

Mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche) und danach einmal pro Woche sollten bei allen Tieren umfassende klinische Beobachtungen vorgenommen werden. Diese Beobachtungen sollten, sofern praktisch durchführbar, außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Anzeichen von Toxizität sind sorgfältig zu dokumentieren, insbesondere Beginn, Schweregrad und Dauer. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere beziehen auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie auf autonome Reaktionen (z. B. Tränenfluss, Piloerektion, Pupillengröße, anormale Atmung). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden.

Ophthalmologische Untersuchungen unter Verwendung eines Ophthalmoskops oder eines entsprechenden geeigneten Geräts sollten vorgenommen werden, bevor die Prüfsubstanz verabreicht wird, sowie zum
Abschluss der Studie, vorzugsweise an allen Tieren, zumindest jedoch in den höchstdosierten Gruppen und den Kontrollgruppen. Sofern behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sollten alle Tiere untersucht werden.

1.5.5.1. Körpergewicht und Futter-/Wasseraufnahme
Alle Tiere sollten mindestens einmal wöchentlich gewogen werden. Messungen der Futteraufnahme sollten mindestens wöchentlich vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird,sollte auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen werden. Die Wasseraufnahme kann auch in Fütterungsstudien oder in Studien mit Sondenapplikation berücksichtigt werden, bei denen sich das Trinkverhalten ändern kann.

1.5.5.2. Hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen
Die Blutproben sind an einer zu benennenden Stelle zu entnehmen und möglichst unter geeigneten Bedingungen zu lagern. Am Ende des Prüfzeitraums werden bei den Versuchstieren Blutproben kurz vor der
Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs entnommen.

Hämatologische Untersuchungen sind zu Beginn der Studie und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums vorzunehmen: Hämatokritwert, Hämoglobinkonzentration,Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl (Gesamt- und Differenzialblutbild), Thrombozytenzahl und Bestimmung des Gerinnungspotenzials, wie Gerinnungszeit, Prothrombinzeit oder Thromboplastinzeit.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben,insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Tier zu
Beginn und anschließend entweder monatlich oder zur Halbzeit und schließlich am Ende des Prüfzeitraums entnommen werden. Die Prüfungen sollten folgende Bereiche abdecken: Elektrolythaushalt, Kohlehydratstoffwechsel sowie Leber- und Nierenfunktion. Die Wahl der spezifischen Prüfungen hängt von den Beobachtungen über die Wirkungsweise der Prüfsubstanz ab. Vor der Blutentnahme empfiehlt sich eine der Tierart angemessene Futterkarenz. Es wird empfohlen, Bestimmungen insbesondere für folgende Parameter durchzuführen: Calcium, Phosphor, Chlor, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Alanin-Aminotransferase,Aspartat-Aminotransferase, Ornithindecarboxylase, Gammaglutamyl-Transpeptidase, Harnstoff-Stickstoff,Albumin, Blutkreatinin, Gesamtbilirubin und Messungen des Serum-Gesamtproteins.
Untersuchungen zur Urinanalyse sind zumindest zu Beginn, anschließend zur Halbzeit und schließlich zum Abschluss der Studie an zu festgelegten Zeiten gesammeltem Urin durchzuführen: Aussehen, Volumen,
Osmolarität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Glukose und Blut/Blutzellen. Sofern erforderlich, können zusätzliche Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.
Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Sonstige Bestimmungen, die für eine angemessene toxikologische Bewertung
erforderlich sein können, umfassen Analysen von Lipiden, Hormonen, Säure-/Basengleichgewicht, Methämoglobin
und Cholinesteraseinhibitation. Weitere klinisch-biochemische Untersuchungen können, sofern erforderlich, durchgeführt werden, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu erweitern. Die
jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

Insgesamt ist je nach Versuchstierart und den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

1.5.5.3. Autopsie
Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden Autopsie unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber und Gallenblase, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden,Uterus, Eierstöcke, Schilddrüse, (mit Nebenschilddrüse), Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (außer der tot aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.
Die folgenden Gewebe sind in dem für Gewebsarten und die vorgesehene nachfolgende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmedium aufzubewahren: alle Gewebe mit makroskopischen
Läsionen, Gehirn (repräsentative Bereiche, insbesondere Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons), Rückenmark (auf drei Ebenen: cervical, mittlerer Thoraxbereich, und lumbar), Hypophyse, Augen, Schilddrüse,
Nebenschilddrüse, Thymusdrüse, Speiseröhre, Speicheldrüsen, Magen, Dünn- und Dickdarm (einschließlich Peyer'schen Platten), Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Luftröhre und Lungen, Aorta, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüsen, Prostata, Harnblase, Lymphknoten (vorzugsweise ein Lymphknoten des Verabreichungswegs und ein weiterer vom Verabreichungsweg entfernter, um systemische Wirkungen abzudecken), periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis),vorzugsweise in der Nähe des Muskels, ein Knochenmarksschnitt (und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat)und Haut. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebsuntersuchungen erforderlich machen.
Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.



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