Montag, 24. März 2014

REACH - Tierversuche und Alternativen

Tierversuche, insbesondere toxikologische Tierversuche, sind grausam. Die Mehrheit der EU Bürger lehnt Tierversuche ab. Eine repräsentative Studie der EU zum Thema: „Einstellung der Bevölkerung ausgewählter europäischer Länder zu Tierversuchen“ ergab, das sich 89% der Befragten dafür aussprachen, die neue „Tierversuchsrichtlinie“ solle alle Tierversuche verbieten die Leiden oder Schmerzen hervorrufen.
Bis zum 1. November 2013 konnten EU-Bürger per Unterschrift für die Abschaffung von Tierversuchen votieren - im Rahmen der EU-Bürgerinitiative STOP VIVISECTON. Mehr als eine Million Menschen machten mit.
Vereine gegen Tierversuche und führende Wissenschaftler sind sich einig. REACH könnte ganz ohne Tierversuche auskommen. Die Alternativen sind längst erfunden, werden aber nicht genutzt.

Im Folgenden werden einige der häufigsten REACH-Tierversuche kurz beschrieben und die möglichen tierversuchsfreien Systeme vorgestellt.


1. Augenschleimhauttest (Draize-Test)
Test: Mindestens drei Kaninchen pro Chemikalie wird die Testsubstanz direkt in ein Auge geträufelt. Es kommt zu Entzündungen oder Verätzungen. Bis zu 21 Tage später wird der Grad der Schädigung abgelesen.

Tierversuchsfreie Verfahren: Beim HET-CAM-Test wird die Substanz auf die direkt unter der Schale eines bebrüteten Hühnereis liegende Aderhaut geträufelt. Die Reaktion der Aderhaut wird beobachtet. Darüber hinaus können Ergebnisse aus dem Hautverträglichkeitstest herangezogen werden, da Substanzen, die auf der Haut reizend wirken, auch für die Schleimhaut schädigend sind.


2. Hautverträglichkeitstest
Test: Bei mindestens drei Kaninchen pro Substanz wird diese auf die geschorene Haut aufgetragen. Schwellung, Entzündung und Verätzung sind die Folge. Nach vier Stunden werden die Veränderungen auf der Haut beurteilt.


Tierversuchsfreie Verfahren: Zwei bereits validierte Verfahren arbeiten mit Hautzellkulturen von Mensch (Episkin) oder Ratte (TER).


3. Hautallergietest
Test: Zwischen 17 und 30 Meerschweinchen wird die Testsubstanz in die Haut gespritzt oder auf die geschorene Haut aufgetragen. Es kommt zu Schwellung, Entzündung und Abschilfern der Haut.


Tierversuchsfreie Verfahren: Mehrere Testverfahren wurden entwickelt. Bei einem besonders vielversprechenden Test werden menschliche Hautproben verwendet. In diesen werden Aktivitäten und Bewegungen der so genannten Langerhans-Zellen beobachtet, die bei der Allergieauslösung eine wichtige Rolle spielen.


4. Akute Giftigkeit
Test: Etwa 15 bis 30 Ratten wird die Testsubstanz mit einer Schlundsonde in den Magen verabreicht. Bei gasförmigen Substanzen müssen die Tiere diese einatmen. Es kommt zu Vergiftungserscheinungen: Speicheln, Atemnot, Krämpfe, Blutungen aus Augen und Nase, Zittern, Durchfall, Koma oder Tod. Die Tiere werden 14 Tage beobachtet und dann getötet, wenn sie nicht schon vorher an den Folgen der Vergiftung gestorben sind.

Tierversuchsfreie Verfahren: Mit Hilfe von Computerprogrammen können anhand der chemischen Struktur einer Substanz wichtige Informationen über Aufnahme in den Körper, Stoffwechsel, Verteilung im Körper und Ausscheidung gewonnen werden. Auf der Basis von Zellkulturen kann die Zytotoxizität (Zellgiftigkeit) festgestellt und so die potenzielle Schädlichkeit einer Chemikalie vorausgesagt werden. Für weitere Informationen können spezifische Zellkulturen von Leber, Niere, Herz, Nerven oder Gefäßen verwendet werden.


5. Giftigkeit bei wiederholter Dosierung
Test: Es werden 40-80 Ratten und/oder 32 Hunde verwendet. Versuch und Symptome sind dem Test auf akute Giftigkeit ähnlich, nur wird den Tieren die Substanz täglich über einen Zeitraum von 28-90 Tagen verabreicht. Anschließend werden die überlebenden Tiere getötet.

Tierversuchsfreie Verfahren: Siehe »Akute Giftigkeit«.


Test: Mindestens 40 Ratten, Mäusen oder Hamstern wird der Teststoff oral eingegeben oder in die Bauchhöhle gespritzt. Bei einer Kontrollgruppe wird eine harmlose Substanz verabreicht und bei einer zweiten Kontrollgruppe eine Substanz mit bekanntem mutagenen Potenzial gegeben. Nach spätestens 48 Stunden werden die Tiere getötet und ihre Zellen auf Erbgutschäden untersucht.

Tierversuchsfreie Verfahren: Mit Hilfe von Computerprogrammen können potenziell erbgutverändernde Stoffe identifiziert werden. Bereits seit vielen Jahren erfolgreich im Einsatz ist der Ames-Test, ein Verfahren, das mit Bakterien arbeitet. Auch an Säugetierzellkulturen lassen sich Erbgutveränderungen feststellen.


7. Krebserregende Eigenschaften (Kanzerogenität)
Test: Mindestens 400 sehr jungen Ratten oder Mäusen wird die Testsubstanz oral eingegeben, mitunter auch auf die Haut aufgetragen. Die Tiere leiden unter Gewichtsverlust, Lethargie, Unwohlsein, Tumoren bis hin zum Tod. Dieser Test kann bis zu fünf Jahre dauern. Überlebende Tiere werden getötet und auf krankhafte Veränderungen der Organe untersucht.

Tierversuchsfreie Verfahren: Viele krebserregende Stoffe können schon mittels Computermodellen oder anhand der Tatsache, dass erbgutverändernde Stoffe auch oft krebserregend wirken, identifiziert werden. Beim SHE-Test werden Syrische Hamster-Embryozellen verwendet, die sich bei Zugabe von karzinogenen Chemikalien ungewöhnlich verhalten. Dieser Test dauert nur wenige Wochen.


8. Chronische Giftigkeit
Test: Es werden 160 Ratten und oft zusätzlich 32 Hunde verwendet. Die Tiere erhalten den Teststoff über einen Zeitraum von 1 bis 2 Jahren mehrfach verabreicht, entweder über eine Schlundsonde direkt in den Magen oder durch Inhalation. Typische Symptome sind: Appetitverlust, Aggression, Ruhelosigkeit, Muskelschwäche, Speicheln, Erbrechen (Hunde), Zittern, blutiger Durchfall, Koma und oftmals der Tod. Am Ende der Experimente werden die Tiere getötet und auf Veränderungen untersucht.

Tierversuchsfreie Verfahren: Computermodelle geben Hinweise auf potenziell giftige Stoffe. Mittels verschiedener Zellkultursysteme kann eine unspezifische Giftigkeit von Chemikalien aufgedeckt werden. Mit spezifischen Zellkulturen von Leber, Niere, Nerven und Blutgefäßen, können mögliche Schäden an diesen Organen festgestellt werden.


9. Missbildende Eigenschaften (Teratogenität)
Test: Mindestens 80 trächtigen Ratten oder 48 trächtigen Kaninchen wird die Chemikalie mit einer Schlundsonde eingeben. Bei den trächtigen Tieren kommt es zu Gewichts- und Appetitverlust, Nasenausfluss, Haarausfall, Durchfall, Austrocknung und eventuell Tod. Noch vor der Geburt werden die Mütter getötet, um die Embryos zu untersuchen.

Tierversuchsfreie Verfahren: Es gibt zahlreiche In-vitro-Methoden, von denen sich drei Verfahren derzeit im Stadium der Validierung befinden. Eines von ihnen ist der Embryo-Stammzell-Test (EST), bei dem eine Zugabe von schädlichen Chemikalien die Weiterentwicklung der Embryozellen verhindert.


10. Reproduktionstoxizität
Test: Es werden etwa 100 weibliche Ratten, davon 80 trächtige, und 40 männliche Ratten verwendet. Um festzustellen, welche Wirkung eine Chemikalie auf die Fortpflanzung hat, wird sie den Tieren vor und/oder nach der Paarung verabreicht. Die Symptome sind ähnlich der unter »Teratogenität« genannten.

Tierversuchsfreie Verfahren: Eine Vielzahl von Reagenzglastests wurde bereits entwickelt. Die meisten basieren auf Kulturen mit menschlichen oder tierischen Hoden- und Eierstockzellen.


11. Toxikokinetik
Test: Mindestens 8 Ratten und 8 Hunden wird die Substanz oral eingegeben, auf die Haut aufgetragen oder durch Inhalation verabreicht. Es soll festgestellt werden, wie sich der Stoff im Körper verteilt, in welchen Organen er sich ansammelt und wie er ausgeschieden wird. Dazu werden Tiere zu bestimmten Zeitpunkten nach Verabreichung getötet, um ihre Organe zu untersuchen. Die Symptome ähneln denen anderer Giftigkeitsprüfungen: Appetitverlust, Nasenausfluss, Haarausfall, Durchfall, Austrocknung, Erbrechen (Hunde).

Tierversuchsfreie Verfahren: Der Stoffwechsel von Chemikalien kann anhand von menschlichen Leber- und Darmzellkulturen nachvollzogen werden. Toxikokinetische Modelle lassen sich auch am Computer darstellen.


Textquellen: Aerzte gegen Tierversuche/ Wissenschaftliche Testmethoden statt REACH-Tierversuche
G. Langley: The Way Forward, report compiled for the British Union for the Abolition of Vivisection (BUAV), 2001
Testing requirements for proposals under the EC white paper »Strategy for a future chemicals policy«, Institute for Environment and Health, July 2001